Der Netzwerker

Der Netzwerker ist nichts ohne sein Netzwerk. Darum hat er zu seinem Netzwerk ein inniges Verhältnis. Das Netzwerk ist sein Werk. Er hat es geschaffen. Er unterhält es. Er pflegt es.

Der Netzwerker hat eine Agenda und ein Adressbuch. Er macht sich fortlaufend Notizen. Er notiert sich, wer neu im Netzwerk ist. Er notiert sich, wenn im Netzwerk etwas los ist. Er notiert sich die Adresse der neuen Bekanntschaft. Er huldigt ihr wie einer Trophäe.

Die Tätigkeit des Netzwerkens hat einen Anfang aber nie ein Ende. Die Tätigkeit besteht darin, Verbindungen zu schaffen, Linien zu zeichnen. Eine Linie ist ein Bezug. Es sind die Lebenslinien. Davon braucht es viele.

Der Netzwerker schüttelt Hände. Er handelt mit Gefälligkeiten. Das Schütteln einer Hand ist eine Transaktion. Der Netzwerker ist ein Händler.

Das Netzwerk für mich. Ich für das Netzwerk. Der Netzwerker ist ein Dirigent unter Dirigenten. Deshalb ist er bescheiden. Ein Netzwerker macht keinen Staat und hält nicht Hof.

Das Netzwerk hat kein Oben und kein Unten. Es hat kein Hinten und kein Vorn. Das Netzwerk ist unsichtbar. Es manifestiert sich im Händedruck. Es ist ein Ritual.

Das Netzwerk hat ein Eigenleben. An schönen Tagen frisst es dem Netzwerker aus der Hand, an weniger schönen beisst es ihn in den Finger. Es ist launisch wie ein Geldgeber.

Das digitale Feld hat dem Netzwerker das Netzwerken erleichtert. Die Welt ist zusammengerückt. Der Netzwerker muss nicht mehr laut rufen. Er kann flüstern. Flüsternd speist er ein und wird gehört. Und er muss keine Briefmarken mehr kaufen.

Adi Blum (2005)

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